Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Regionalverband Münsterland e. V. gibt bekannt:
Presseerklärung zu den Ausbauplänen für die B51/64
Anlage: Verkehrsentwicklung und Instrumente ÖPNV
Gutachterzahlen sind falsch.
Der von Straßen NRW bestellte Gutachter geht von heute 2.400 Fahrgästen pro Tag auf dem „Warendorfer“ aus. Tatsächlich sind es derzeit 3.400 Fahrgäste täglich, so die Vorlage V002-2016 der Stadtverwaltung Münster (Anlage 2, HP Danziger Freiheit). Der absolute Fahrgast-zuwachs bei einer Taktverdichtung auf zwei Fahrten pro Stunde ist demnach erheblich größer, als von dem Straßen NRW Gutachter angegeben.
Die vom Gutachter behauptete Zunahme des Straßenverkehrs von 25.000 auf 33.000 KFZ täglich widerspricht der Entwicklung der vergangenen Jahre in diesem Korridor. Nach Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) sank das KFZ-Aufkommen von 2007 bis 2017 zwischen Telgte und Münster in beiden Richtungen zusammen von 21.022 auf 18.330; ein Rückgang um 13%, beim darin enthaltenen LKW-Verkehr von 1.924 auf 1.443, also ein Rückgang um 25%. Damit widerspricht die Realität den Aussagen der Gutachter, die eine kontinuierliche Steigerung annehmen.
Wirkungsvolle Instrumente zur Verkehrswende werden ignoriert.
Zudem hat das für Straßen NRW erstellte Gutachten nur das Mittel Taktverdichtung genannt. Weitere Umsteiger vom MIV sind zu gewinnen durch Beschleunigung (Fahrzeitverkürzung), Durchbindung über den Hauptbahnhof Münster hinaus, zusätzliche Haltepunkte (Danziger Freiheit, Mondstraße, Handorf). Beispielhaft ist die Breisgau-S-Bahn im 30-Minuten-Takt mit Freiburg als Mittelpunkt.
Volllständig ignoriert das Gutachten das Instrument ÖPNV-Fahrpreise. Beispiel für die Umstiegswirkung stark ermäßigter Fahrpreise ist das auf die Zielgruppe Pendler zuge-schnittene Jahresabonnement „RegioKarte Freiburg/Breisgau“. Für monatlich 53 Euro ist eine Region mit Freiburg als Mittelpunkt zu befahren, von der Fläche vergleichbar mit Münster einschließlich des zweiten Kommunenrings. Das Westfalentarif-Monatsticket im Abonnement für diese Fläche kostet 120 bis 150 Euro, also ein Mehrfaches der Breisgau RegioKarte.
Der VCD Münsterland hat in gleicher Zielrichtung das Konzept „Klima-Abo“ für Bus & Bahn im Münsterland entwickelt. Außerdem hat der VCD Münsterland den Schritt der Stadt Stuttgart aufgegriffen, den Geltungsbereich der zentralen Preistufe für sämtliche Ticketarten erheblich zu vergrößern. Dort wurde mit kommunalen Ausgleichsmitteln die Preisstufe 2 kassiert, das Gebiet der Preisstufe 1 entsprechend vergrößert. Der VCD hat als Anregung eingebracht, die Preisstufe 0 (Stadtgebiet Münster) auf den ersten Kommunenring zu erweitern, auch hier mit Hilfe kommunaler Ausgleichsmittel.
Umstiegseffekt maximieren
Günstigere Fahrpreise, dichtere Takte, kürzere Fahrzeiten, kürzere Wege durch sinnvoll gesetzte zusätzliche Haltepunkte: Werden sämtliche Instrumente gebündelt, ist im Korridor Münster – Telgte – Warendorf – Rheda-Wiedenbrück – Gütersloh – Bielefeld eine Fahrgast-zunahme wahrscheinlich, die weit über die Annahmen des für Straßen NRW erstellten Gutachtens hinausgeht. Fahrgastzunahme bei Bus & Bahn bedeutet: Umsteiger gewinnen vom MIV. Dessen Aufkommen dürfte wie bereits in den vergangenen Jahren auch zukünftig sinken. Eine KFZ-Zahl von unter 20.000 pro Tag ist auf Dauer realistisch. Damit ist die Grundlage entfallen für den „alternativlosen“ Ausbau einer De-facto-Autobahn mit der bekannten trennenden Wirkung.
Die Schienenstrecken Münster – Rheine, Münster – Hamm, Münster – Essen verzeichnen schon heute jeweils über 10.000 Fahrgäste/Tag. Dieser Wert – sprich eine Verdreifachung der Fahrgastzahlen – ist auch zwischen den Westfalen-Metroplen Münster und Bielefeld ebenfalls möglich.
Das Straßen NRW Konzept bedeutet Kanibalisierung von Investitionen
Den Straßenverkehr mit hohem finanziellen Einsatz „schneller“ zu machen, bedeutet, die Investition in die parallel verlaufende Schienenstrecke zu entwerten. Statt den Erfolg des klima- und flächenschonenden SPNV zu fördern, wird mit „schnellern“ Einfallstraßen der mögliche Markterfolg der Zugverkehrs zwischen Münster und Bielefeld untergraben.