Leserbrief Dr. Maria Odenthal-Schnittler an die WN: Gedanken über Demokratieverständnis, Konfliktkultur und NRW Verkehrsminister Wüst

Seit mittlerweile etwas mehr als zwei Jahren durfte und darf ich als Vorsitzende der BI B51 Telgte viele interessante, persönlich bereichernde, aber auch konfliktträchtige bis frustrierende Gespräche mit durchaus sehr unterschiedlichen Gesprächspartnerinnen und -partnern führen. Thema war und ist natürlich der geplante Ausbau der B51 zwischen Münster und Telgte.

Dieses Vorgehen entspricht meiner festen Überzeugung, dass Menschen versuchen sollten und in der Lage sind, Diskrepanzen im offenen Austausch ehrlich und konstruktiv zu lösen, ohne dabei zu ideologisieren und in fundamentalistische Grabenkriege zu verfallen. Die vielen Gespräche mit Verantwortlichen in Politik, Verbänden und der Zivilgesellschaft bestätigen dies: Wir sind häufig im Einvernehmen auseinander gegangen. Lagen oder liegen die Standpunkte immer noch meilenweit auseinander, so haben wir auf jeden Fall im gegenseitigen Respekt miteinander gesprochen und somit vielleicht ein Fundament für eine Annäherung legen können.

Anders als die regionale Gesprächskultur zeigt sich die Landesregierung in Düsseldorf in Person von Verkehrsminister Wüst. Er verweigert sich seit mehr als eineinhalb Jahren einem Gespräch oder einem Austausch. Er kennt uns, er war zigmal in Münster bei anderen Gelegenheiten (z. B. beim 1. Spatenstich zur Errichtung der Ersatzbrücke über die Werse – sicherlich ein Akt von NRW-weiter oder sogar bundesdeutscher Bedeutung!). Wir haben viele Male versucht, mit ihm ein Treffen zu arrangieren, ich bombardiere sozusagen seine arme persönliche Referentin mit Mails – immer nur Absagen oder keine Reaktion.

Sieht so ein souveränes, verantwortungsvolles politisches Handeln eines Landesministers aus? Eines Landesministers, der je nach weiterer politischer Großwetterlage als NRW-Landesvater gehandelt wird. Was haben wir von ihm zu erwarten, wenn er vielleicht Ministerpräsident unseres Bundeslandes ist? Ist das der zu erwartende Stil seiner Amtsführung – Gesprächsbereitschaft ja, so lange die Gesprächspartner:innen mit ihm d’accord gehen?

Um es ganz deutlich zu machen: Wir als BI sind überparteilich, ich persönlich gehöre keiner Partei an. Es geht hier nicht um ein Parteibuch, sondern darum, wie ein Minister sein Amt sieht und es ausfüllt. Es geht letztlich um Demokratieverständnis, Bürger:innenbeteiligung, Ehrenhaftigkeit, Verantwortung und Respekt in der Politik.

Ein Minister ist ein vom Volk bestellter Vertreter im Sinne der bürgerlichen Interessen. Diese kann er nur vertreten, wenn er sich mit den Bürgerinnen und Bürgern austauscht und ihnen zuhört. Unsere Anfrage ist keine kleine, möglicherweise sehr individuell angehauchte. Nein, wir sind mittlerweile in unserer BI knapp 170 Mitglieder, die Räte von Münster und Telgte und auch angrenzender Gemeinden wie Ostbevern haben sich gegen den geplanten Ausbau gestellt. Auch mehr und mehr Gewerbetreibende und Unternehmerinnen und Unternehmer stellen den geplanten Ausbau in Frage, landwirtschaftliche Verbände prangern den riesigen Flächenverbrauch an, Fachleute aus der Biologie und dem Klimaschutz weisen auf den verheerenden Eingriff in die Natur hin, Tradition und Denkmalschutz werden mit Füßen getreten.

Hier vor Ort sehen wir Notwendigkeit und Möglichkeit einer ökologisch-ökonomisch geprägten Mobilitäts- und Umweltpolitik im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes.

Ein amtierender Minister in einem aktuell jetzt so bedeutsamen und verantwortlichen Ressort sollte sich unserem Gesprächswunsch nicht entziehen – und darf es auch ganz einfach nicht!

Maria Odenthal-Schnittler
Vorsitzende der Bürgerinitiative B51 Telgte e. V.