Wir haben mit dem Bürgermeister von Telgte, Wolfgang Pieper, ein Interview geführt. Aufgrund der Corona-Situation haben wir unsere Fragen schriftlich an Herrn Pieper geschickt, und er hat schriftlich geantwortet.
Hier lesen Sie das Interview in voller Länge:
Bürgerinitiative B51 Telgte e. V. (BI B51): Was halten Sie von dem mutigen Vorgehen des Telgter Rates?
Wolfgang Pieper: Ich freue mich sehr darüber, dass in der Haltung zum geplanten Ausbau der B 51/64 nun unter den Ratsfraktionen Einigkeit herrscht. Das verleiht der Ablehnung des vierspurigen Ausbaus ein großes politisches Gewicht.
BI B51: Wie gehen Sie nun im Anschluss an diese Beschlüsse als Bürgermeister konkret vor, um diese klaren Stellungnahmen auch auf Landes- und Bundesebene wirksam zu platzieren?
Pieper: Ich habe unmittelbar nach dem Ratsbeschluss vom 13. Februar den Bundesverkehrsminister, den Landesverkehrsminister, den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages sowie die Obleute der Bundestagsfraktionen im Verkehrsausschuss angeschrieben und um Stellungnahme gebeten. Bisher sind die Reaktionen noch verhalten.
BI B51: Wie ist der Stand beim Mobilitätskonzept Münster/Telgte?
Pieper: Die Stadt Telgte treibt einerseits die Sicherung und Zusammenlegung nicht gesicherter Bahnübergänge an der Strecke Münster – Telgte – Warendorf voran. Ziel ist die Erhöhung der Sicherheit, aber ebenso die Einführung eines Halbstundentaktes auf der Kursbuchstrecke 406.
Ein weiterer Baustein ist die Realisierung von alltagstauglichen Velorouten, um die Verbindung zum Oberzentrum Münster für Radfahrer/innen noch attraktiver zu machen.
Als Kommune des „Klimanotstandes“ begreifen wir es als unsere Aufgabe, auch im schwierigen Sektor der Mobilität den Umweltverbund von Bus, Bahn und Fahrrad zu stärken.
BI B51: Was kann das für Telgte und die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger konkret bedeuten?
Pieper: Menschen sollen und werden auch in Zukunft ihre Mobilitätsansprüche realisieren. Dazu gehört natürlich auch die Nutzung von PKW’s, alles andere wäre Wunschdenken. Aber es kann und muss ein „Lebensgefühl“ werden und Spaß machen, die eigene Mobilität möglichst umweltbewusst zu organisieren. Fahrradfahren oder mobil mit Bus und Bahn unterwegs zu sein, muss deshalb komfortabel, gut planbar und möglichst preiswert erfolgen.
BI B51: Zeitgemäß wäre die Nutzung des Zuges für die Pendler zwischen Münster und Telgte. Ein deutliches Hemmnis ist die Unzuverlässigkeit der Eurobahn. Haben Sie konkrete Pläne, aktiv dagegen vorzugehen?
Pieper: Die Eurobahn ist in den letzten Jahren leider massiv hinter allen Anforderungen für einen pünktlichen, zuverlässigen und kundenfreundlichen Bahnverkehr auf den Strecken Telgte – Münster bzw. Westbevern-Vadrup – Münster und Osnabrück zurückgeblieben. Wir haben über den Auftraggeber ZVM und NWL versucht, Druck zu machen, das hat nur wenig bewirkt. Ich glaube, hier müssen die Verantwortlichen für die nächste Ausschreibung des Betreibers aus den Fehlern lernen.
BI B51: Durch eine intensivere Nutzung der Bahnschiene wird es in Telgte zu Staus an den Bahnübergängen kommen. Wie kann dieses Problem entschärft werden?
Pieper: Ja, das ist ein Thema. Der Rat hat deshalb auf Antrag der FDP ein Gutachten zur Darstellung und Analyse der Auswirkungen eines Halbstundentaktes auf die Kreuzungsbereiche der Übergänge in Auftrag gegeben. Wer die Bahn stärken möchte, muss dafür ggf. auch Einschränkungen für den PKW-Verkehr in Kauf nehmen. Andererseits hat der Halbstundentakt ein großes Potenzial, Verkehre von der Straße auf die Schiene zu holen – ein wichtiger Baustein also, den vierspurigen Ausbau der Bundesstraße überflüssig zu machen.